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Historischer Kontext

Historischer Kontext | 
1960 – 1970, eine ereignisreiche Dekade in Ost- wie Westdeutschland

Ein kurzer Überblick zum Jahrzehnt von 1960 bis 1970. Was passierte sowohl in der DDR, was in der Bundesrepublik – eine stichpunktartige Zusammenfassung für einen Rückblick und Überlegungen für jeden Lesenden, welche Auswirkungen hatte dies jeweils auf den anderen Teil Deutschlands? 
Dies stellt eine Auswahl an Ereignissen dar, die noch reichlich zu erweitern wäre, für einen Einstieg aber eine Hilfe darstellen möchte zu dem Thema des Seminars.

Bevor wir die einzelnen Teilstaaten mit den jeweils wichtigsten Ereignissen betrachten, hier zwei Dokumente mit choronologischen Übersichten einmal zur Entwicklung des Kinderheimes in der Königsheide von Beginn an bis heute sowie zur Dekade 1960 – 1970 mit einer Einbindung wichtiger Zäsuren die DDR betreffend – hier könnte noch viel ergänzt werden, daher an dieser Stelle eine Auswahl wichtiger Ereignisse:

  • Entwicklung des Kinderheimes in der Königsheide von Beginn an bis heute Download PDF
  • Die Dekade 1960 bis 1970 im Kinderheim und in der DDRDownload PDF

DDR &  Bundesrepublik Deutschland

DDR

Historische Zäsuren:
Mauerbau 13.08. 1961
-> Spaltung der Nation dadurch manifest
-> Unfreiheit der ostdeutschen Bevölkerung zementiert
-> Konsolidierung der Wirtschaft, Stop der Abwanderung von Fachkräften

Es folgen Bildungsreformen, ein Kurs der Liberalisierung wird aufgenommen, der in der zweiten Hälfte der Dekade abrupt endet.

Einführung eines neuen wirtschaftlichen Systems, das über die zweite Stufe nicht hinaus kommt und ebenso als gescheitert beendet wird.
Der Kurswechsel wird besiegelt durch den Wechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker im Jahre 1971

Wirtschaftliche Entwicklung in der DDR

• durch Mauerbau Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte in den Westen verhindert
• Wirtschaftlicher Aufschwung in Folge, Lebensstandard steigt
• Zutritt DDR zum RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe)
• Aufschwung zur zweitgrößten Industriemacht und wirtschaftlicher wie politischer Partner der SU

Es beginnt ein Wetteifern um die politische Anerkennung mit der Bundesrepublik.
Der Ostteil Deutschlands wird nicht mehr länger „nur“ als „Zone“ wahrgenommen.

-> In Gesellschaft entwickelt sich ein Stolz über die Aufbauleistung „unter erschwerten Bedingungen“
-> Einsicht, dass Wiedervereinigung nicht absehbar ist in mittelbarer Zeit
-> Einrichtung im „Sozialen Realismus“

Problematische Entwicklung in der Folgezeit 

• Trotz Mauerbau bleiben Wachstums- und Versorgungsschwierigkeiten
• bisheriges System der Volkswirtschaft mit den Faktoren staatlicher Planung und Lenkung

-> es folgt eine Neuorientierung, eingeleitet von Walter Ulbricht. Auf dem VI. Parteitag der SED wird der Grundsatz des höchsten ökonomischen Nutzeffekts und der „materiellen Interessiertheit“ erklärt.

-> darauf folgt auf der Wirtschaftskonferenz des ZK der SED im Jahre 1963 die sogenannte „Richtlinie für das NÖS“(Neue Ökonomische System der Planung und Lenkung der Volkswirtschaft) einhergehend mit einer proklamierten „Reform des ganzen Volkes“.

Die Idee dahinter:
trotz Festhaltens an staatlichem Eigentum an Produktionsmitteln und zentraler Planung sollte mit diesem Reformkurs jetzt mehr Leistung und Flexibilität im wirtschaftlichen System erreicht werden. Strukturell gab es folgende Lockerungen:

-> Betriebe konnten über selbst erwirtschaftete Gewinne entscheiden
-> indirekte Steuerung durch Zinsen, Prämien, Abgaben und Preise
-> Festlegung neuer Arbeitsnormen und Leistungsziffern
-> Neues System von Geld und Urlaubsprämien

Es entstand kein wirklicher Umschwung, selbst mit dem Einschlagen des neuen Kurses. Ein tatsächlicher Kosten-Nutzen-Vergleich war nicht möglich, Leistungssteigerung fand nicht statt, da diese abhängig war von Faktoren, die vom Einzelnen nicht beeinflußbar waren:
• fehlende Ersatzteile
• veraltete Maschinen
• Materialmängel

Das hatte Folgen. Durch den Anspruch auf mehr Eigenverantwortung lief Führungsanspruch der SED Gefahr, geschmälert zu werden.

Dezember 1965: 11. Tagung ZK der SED:

  1. Phase des NÖS bis 1967 eingeleitet: Festhalten an Wirtschaftsreform

Historische Zäsur: Selbstmord Erich Apels (damaliger Leiter der Staatlichen Planungskommission), er war eng mit dem NOS verbunden
Nachfolger: Günter Mittag, bislang Sekretär für Wirtschaft im ZK der SED, er galt als Reformer und als „Zweiter Mann“ hinter Apel

1966/67: Senkung vorgegebener Kennziffern, Reduktion der Bildungs- und Industrieministerien
sie sollten VVB (Verein Volkseigener Betriebe) leiten, koordinieren, kontrollieren

VII Parteitag SED, April 1967 -> Übergang vom NÖS zum ÖSS (Ökonomisches System des Sozialismus)
-> Einführung weiterer Schritte für flexibles Preissystem, Zuschreiben von erweiterten Entscheidungsbefugnissen für Betriebe
-> Fokus auf „Forschrittsindustrie“ -> Elektrotechnik, Werkzeugbau mit dortiger Wiedereinführung von Plankennziffern

In Konkurrenz zur Bundesrepublik. Motto für hohen Nachholbedarf:
„Überholen ohne Einzuholen“ (blieb unerreichtes Fernziel)

In Folge:
• Anstieg der Löhne, jedoch hinter den Löhnen der Bundesrepublik
• hohe staatliche Subventionen für Grundnahrungsmittel und Mieten (-> dadurch kein Programm für Wohnungsbau sowie Sanierungsstau)

Weitere Einführungen:
• Rentenerhöhung -> langjährige ArbeiterInnen profitieren
• Verlängerung Schwangerschafts- u. Wochenbetturlaub
• Einführung 5-Tage-Woche

Bevölkerung nahm Rückstand zu Lebensstandard in Bundesrepublik wahr, dafür im Vergleich zu übrigen Mitgliedern RGW positive Wirtschaftsentwicklung.
Wichtiges außenpolitisches Ereignis: 
1965 Handelsabkommen mit der SowjetUnion -> Festigung der Stellung der DDR, bei gleichzeitiger Erhöhung der Abhängigkeit

Insgesamt nimmt Unzufriedenheit mit Zunahme der Versorgungsrücklagen zu.

Tagung ZK der SED Dez. 1970:
Trotz jährlichen Steigerung der Industrieproduktion, Bilanz des 5-Jahres-Planes: viele Ziele nicht erreicht
Zusätzliches Problem: Streiks unzufriedener Arbeiter in Polen, Angst vor Überschwappen
daher Beschluss, NÖS zu beenden.
Rückkehr zum System detaillierten Vorgaben und Plankennziffern

Konsequenzen auf politischer Ebene:
Scheitern des NÖS u. A. Ursache für Ablösung Walter Ulbricht durch Erich Honekcer Mai 1971

GESELLSCHAFT

Durch wachsenden Unmut in Bevölkerung durch zunehmende Diskrepanz zur Rhetorik der politischen Führung zu den wahrgenommenen Lebensverhältnissen inklusive enttäuschter Ergebnisse der Inkaufnahme des Mauerbaus

-> Versuch, neue Mobilisierung der gesellschaftlichen Kräfte mit:

„Nationalem Dokument“ vom 25.3.1962 „Gesellschaftliche Aufgabe der DDR und zur Zukunft Deutschlands(offiziell bestätigt auf IV Parteitag der SED im Januar 1963:

-> Zusammenschluss aller politischen Parteien und Massenorganisationen der DDR unter die Führung der SED gestellt: „Nationale Front“

Erklärung Ulbrichts, die Deutsche Nation in 2 Staaten gespalten.
Erst wenn sich Sieg des Sozialismus auch in Westdeutschland vollziehe, könne es zur Einigung Deutschlands kommen.
Bis dahin, Stärkung der DDR als wichtigster Beitrag zur nationalen Einheit.

Im Zuge des „Nationalen Dokuments“
-> verschiedene Entscheidungen mit expliziter Abgrenzung zur Bundesrepublik:
• neue Personalausweise ab 2. Jan 1964
• Staatszugehörigkeitsgesetz vom 20. Februar 1967 (hier Reaktion der Bundesrepublik: DDR-Bürger bleiben deutsche Staatsangehörige)
• Neues Strafgesetzbuch vom 12. Januar 1968 mit neuem politischen Strafrecht unter Anhebung Strafmaßes für Vergehen zum Schutz von Ordnung und der Staatsorgane, dazu gehört auch das „ungeneigte Verlassen der Republik“ sowie das Sammeln von Nachrichten

außenpolitisches Ereignis mit Auswirkungen:
Reaktion auf Prager Frühling in Polen, Angst vor Aufweichungstendenze im sozialistischen Lager
Auch Abgrenzung zur westlichen Entspannungspolitik unter dem Motto: „Wandel durch Annäherung“
Einmarsch Warschauer Paktstaaten in CSSR am 21.8.1968
-> hier erstmalige Anwendung des neuen Strafrechtes, als staatsfeindliche Hetze galt Sympathiebekundung für reformorientierten tschechoslowakischen Parteisekretär Alex Dubcek.

  • Verfassung von 1968, basierend auf dem Entwurf vom Februar 1968
    vom 9. April 1968
    -> anfangs noch Idee der „Volksaussprache“, die schnell beendet wurde
    • Stärkung der SED
    • Ausklammern der Idee der deutschen Einheit, Formulierung jetzt nur noch „Wiedervereinigungwunsch“

Liberalisierungphase auf wirtschaftlicher Ebene, ging einher mit Liberalisierungstendenzen auf gesellschaftlicher Ebene. 
Vor allem die Jugend verspürte neuen Aufschwung mit Optimismus zur Öffnung und Chancen auf Teilhabe sowie Mitsprache bei Gestaltung der Gesellschaft

Grundstimmung während der 60er Jahre in DDR: Erziehungsanspruch der SED sowie der FDJ wiedersprach Freiheitsstreben und Wunsch auf Selbstverwirklichung bei Jugendlichen.

Reaktionen: Erich Mielke (Chef Stasi), erklärte Konflikt mit Jugend -> „Folge der Existenz des westdeutschen Machtmonopolistischen Herrschaftssystems gekoppelt mit einer psychologischen Kriegsführung gegen die DDR.
-> jugendliche Subkulturen seien politisch gefährlicher Protest
Aufgabe FDJ: Meldung jeglicher politischen Opposition. Auffruf zur „Wachsamkeit“
Vgl.: Aktion „Blitz“ 1961 -> gegen Natosender, unliebsame Radiostationen. Alle Sender sollten umgestellt werden „in Richtung Sozialismus“

Die anfängliche Tendenz zur Liberalisierung in Folge des Mauerbaus zeigte sich mit folgenden wesentlichen Meilensteinen:

  1. September 1963:
    Verabschiedung „Jugendkommuniquè“ durch Politbüro der SED
    -> neuer Kurs in Jugendpolitik, das Verhältnis zur Jugend sollte frei sein von:
  • Gängelei
  • Zeigefingererheben
  • Administrieren

Höhepunkt der Öffnung der Jugendpolitik: Deutschlandtreffen der Jugend in Berlin vom 16. bis 18. Mai 1964

ca. 1/2 Mio Jugendliche aus allen Herren Ländern kamen nach Ostberlin, darunter auch 25.000 aus der Bundesrepublik.

-> es entstanden neue Werke von DDR-Literatuen wie Christa Wolf oder Erich Neutsch. Auftritte Wolf Biermann fanden statt sowie öffentliche Streitgespräche in Ostberlin
Viele KünstlInnen nutzten diese Phase zur Beschreibung der Realität des DDR-Alltags. Bekannt wurde u. A. der Film „Das Kaninchen bin ich“ von Markig und Bieler) zum Thema politische Justiz. Es entstand daraus eine eigene Gattung der sogenannten „Kaninchenfilme“.
Ihre Grenzen fand die Liberalisierungswelle in der offenen Kritik am Herrschaftssystem
-> Vgl. Prof. Havemann übte offene Kritik an der Humboldt-Universität mit der konkreten Forderung nach mehr Bewegung- und Informationsfreiheit.
Nach einer scharfen Rüge und dem Ausschluss aus der SED folgte der Entzug der Lehrbefugnis samt Berufsverbot.
Havemann blieb bei seiner kritischen Haltung! -> Ein Beispiel echter Zivilcourage! 

4. Mai 1964 Neues Jugendgesetz unter Willi Stoph = Vorsitzender des Ministerrates,
erläuterte das neue Gesetz in seiner Rolle, der Jugend ihren Platz in Gesellschaft zuzuweisen bei der Gestaltung der Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Entwicklung der Herzensbildung sozialer Beziehungen zwischen Menschen.

Bei der Berufs- und Ausbildungswahl wurde der individuelle Wunsch hinter die Interessen der Gesellschaft gestellt und durch die staatliche Planungskommission gelenkt.
Mädchen explizit unterstütz in technische Berufe

-> Jugend in der Bundesrepublik sollte beeindruckt werden.
-> in DDR Einführung Verbindung Theorie mit Praxis, Lernen und Studieren, wurde viel beachtet.
und weitere Einführungen wie POS und EOS, Vorschulerziehung, Kinderkrippen, Ingenieurs- und Fachschulen etc.

25. Februar 1965: Gesetz über das „Einheitliche sozialistische Bildungssystem“
-> große Auswirkungen auf den Alltag und Lebensweg der Jugendlichen der DDR.
Orientierung an SU -> Forderung hohes Bildungsniveau für alle, Einbindung in das ideologische und politische System der DDR

(VGL in Bundesregierung lief parallel gerade Diskussion mit Stichwort „Bildungskatastrophe“)

Außenpolitische Ereignisse::

Führungswechsel in Moskau: Nikita Chruschtschow gibt am 14. Oktober 1964 alle Ämter ab, neuer Generalsekretär des KPdSU wird Leonid Breschnew.
Ende der Ära der Entstalinisierung sowie Ende der Liberalisierung der Kultur- und Jugendpolitik

im Zuge dessen kam es am 11. Oktober 1965 zum sogenannten „Kahlschlagplenum“ des ZK der SED

diesmal ohne Walter Ulbricht!
Leitung übernahm Erich Honecker -> damals Sekretär für Sicherheitsfragen des ZK der DDR

-> Beschluß Korrektur der Jugendpolitik der Partei
-> es folgte harte Kurskorrektur, vgl. Stichwort „Gitarrenwettbewerb“ der FDJ mit daraus erwachsendem Konflikt mit einem Verbot der seit dem 17. Juni 1953 bis dahin größten Demonstration

Auf dem Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 wurde Kurswechsel bekräftigt.

Biermann erhält Auftritts- und Veröffentichungsverbot.
Das Buch von Stefan Heym „Fünf Tage im Juni“ über den Aufstand vom 17. Juni 1953 kann nur in Westdeutschland erscheinen.
Abbruch zahlreicher DEFA-Produktion

Plenum ZK der SED. Absage an künstlerische Autonomie und den Anspruch der Jugendliche auf selbstbestimmte Freiräume

1967 dritte Hochschulreform mit Umstrukturierungen mit neuen Studienplänen, Einführung der Regelstudienzeit von 4 Jahren, Gliederung in feste Studienabschnitte sowie Festlegung als festen Studienbestandteil Lehre des Marxismus-Leninismus.

Nicht zu vergessen sind noch die Stichworte „Reparationszahlungen“ an die Sowjetunion, die maßgebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der DDR hatte. Auch zu erwähnen wären noch die sogenannten „Kombinatsbildungen“ im großen Stil in der DDR, auch das Kinderheim in der Königsheide firmierte mit der Umbenennung künftig als Heimkombinat Kinderheim A. S. Makarenko. Interessant wäre auch noch, den Begriff „Bitterfeld Weg“ zu recherchieren.


Bundesrepublik Deutschland

Historische Zäsuren:
-> 1963 Rücktritt Bundeskanzlers Konrad Adenauer, Nachfolger Ludwig Erhard
-> 1966 Koalition zwischen CDU/CSU mit derFDP platzt, Bildung der Großen Koalition mit CDU/CSU und SPD
-> 2. Juni 1967 11. April 1968 Anschlag auf Rudi Dutschke vor dem Hintergrund der geplanten Notstandsgesetzgebung

Generell schneller Wiederaufbau mit nachfolgendem wirtschaftlichen Aufschwung, in die Geschichte eingegangen unter dem Begriff „Wirtschaftswunder“
Elitenwechsel, gewaltsame Jugendproteste und zunehmende Politisierung der Bevölkerung

Unter der Ära Adenauer gewinnt die Bundesrepublik an politischer Stabilität. Es wird eine freiheitlich-demokratische Grundordnung etabliert und der Besatzungsstatus durch die Wiedererlangung der Souveränität aufgelöst.
Es erfolgt die Integration in das westliche Verteidigungssystem und in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.

Die gewünschte und bis dato stark postulierte Wiedervereinigung beider Teile Deutschlands konnte nicht umgesetzt werden.

Die 60er Jahre beginnen mit dem sogenannten „Fernsehstreit“, der mit den beiden Verfassungsurteilen („Fernsehurteil“) ein Sieg für den Föderalismus sowie die Meinungsfreiheit darstellt. Der Versuch, neben den ARD-Anstalten einen staatlich abhängigen Sender zu etablieren, scheiterte. In der Folgte wurde mittels eines Staatsvertrages der Ministerpräsidenten der Bundesländer das ZDF gegründet.

Es folgte die sogenannte „Spiegel-Affäre“. Franz Josef Strauß, seit 1956 Verteidigungsminister verfolgte das Konzept massiver Abschreckung und trieb die Bewaffnung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen voran.
Sein Motto: „preemtive strike“ vs. der Strategie der USA der „flexible response“
Schärfste Kritiker Strauß’ war das Magazin „Der Spiegel“ die eine Durchsuchung der Redaktionsräume und die Verhaftung des Herausgebers Augstein zur Folge hatte. Es kam zu Massenprotesten, die unterschiedlichste Teile der Bevölkerung erfassten: Studierende, Hochschullehrende, KünstlerInnen, SchriftstellerInnen -> firmiert in der Gruppe 47 bis zu Geistlichen und den Gewerkschaften. Gemeinsam gingen sie auf die Straße für die Wahrung des Grundrechtes der Presse- und Meinungsfreiheit.

Es kam zur Regierungskrise mit der Aufforderung Strauß’ zum Rücktritt.
1962 erfolgte eine neue Kabinettsbildung unter Adenauer mit Ankündigung seines Rücktritts für das Jahr 1963.

Nachfolger von Adenauer wird Ludwig Erhard, als Minister des Wirtschaftswunders in die Analen der Geschichte eingegangen, als Bundeskanzler weniger glanzvolle Regierungszeit erlebt.
In seiner Amtszeit verstärkte sich die Diskussion über die nationalsozialistische Vergangenheit.

Kurzer Überblick über wichtige Etappen im Streit um die Aufarbeitung von Verbrechen im Namen des NS-Regimes:
1958 Ulmer Einsatzgruppenprozeß,
in deren Zuge die Einrichtung der Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialstischer Gewaltverbrechen insbesondere außerhalb von Kriegshandlungen erfolgte in Ludwigsburg. Sämtliche Ermittlungsverfahren sollten zusammengeführt werden.

1961 Prozeß in Jerusalem gegen Adolf Eichmann. Hannah Arendt begleitete den Prozeß und veröffentliche ein Buch darüber, mit dem sie den Begriff „Banalität des Bösen“ prägte, womit sie heftige Kritik hervorrief. Eichmann wurde zum Tod verurteilt.
Dez. 1963 Prozeß gegen 20 ehemalige Aufseher von Ausschwitz nach vier Jahren Prozeßvorbereitung und 1300 Zeugenaussagen.
20 Monate dauerten die Verhandlungen, die Urteile riefen international und national Proteste hervor, wobei in der Bevölkerung der Bundesrepublik zu weiten Teilen auch ein zunehmendes Desinteresse an den Gräueltaten der Deutschen unter nationalsozialistischer Führung zu Tage trat.

Erhard erklärte zu seinem Amtsantritt 1963 in seiner Regierungserklärung die bisherigen Bezugspunkte Krieg und Nachkriegszeit der Bundesrepublik als überholt und beendet. 1965 entbrannte erneut eine große Diskussion aufgrund der mit diesem Jahr eintretenden Verjährungsfrist von 20 Jahren für Mordverbrechen.
Die noch im Jahre 1964 eilig an alle betroffenen Staaten – mit Ausnahme der DDR! – explizit erfolgte Bitte um Herausgabe von Dokumenten und Unterlagen zur Verurteilung von Verantwortlichen hat die Hoffnung, alle in Frage kommenden Fälle noch vor dem Greifen der Verjährungsfrist in Verfahren leiten zu können, nicht erfüllen können. Es kam zu einem Kompromiss im Bundestag am 13. März 1965, bei dem eine Verschiebung der Verjährungsfristen um 5 Jahre erfolgte.

Als sich erneut die Frage der Verjährungsfristen im Jahre 1979 stellte, hat sich der Bundestag zur Aufhebung der Verjährungsfrist für Mord generell aufgehoben.

Der von Beginn der Gründung der DDR an postulierte harte Bruch mit der gesamtdeutschen nationalsozialistischen Vergangenheit wurde mit dem Fingerzeig auf die Unruhen im bundesdeutschen Gebiet als Beleg für die vermeintlich gelungene Handhabung dieses Themas herangezogen.

Ludwig Erhards Ansehen als politische Führungskraft der Bundesrepublik erlitt durch diese Vorgänge Schaden, was sich durch ein Scheitern auch auf Aussenpolitischem Parket zusätzlich vergrößerte.

Sein Versuch, die bundesdeutsche Bevölkerung gegenüber der DDR-Führung in Stellung zu bringen mit seiner Rede auf dem CDU-Parteitag, misslang. Er prägte dabei den Begriff der „Formierten Gesellschaft“ – als konträres Gesellschaftsmodell zur DDR mit Uniformiertheit, imperialistischer Ausbeutung fremder Völker, Ausbeutung des eigenen Volkes aufgrund des kommunistischen Systems, mit Klassen und ohne Wachstum und Fortschritt.

Aber die jahrelang geförderte materialistische Gesinnung der Bevölkerung der Bundesrepublik war schon fortgeschritten und hatte die Korrission der Gesellschaft zur Folge. Dies zeigte sich auch in einem starken Zulauf zur NPD im Jahre 1965. Nur noch die politische und kulturelle Elite in der Bundesrepublik war an der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit interessiert.

Außenpolitische Ereignisse

Das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Israel ging unter dem Stichwort „Nahost-Debakel“ 1965 in die Annalen ein.

Die Bundesregierung verknüpfte mit seinem Alleinvertretungsanspruch den politischen Grundsatz, keine diplomatischen Beziehungen zu den Staaten aufzunehmen, die ebensolche mit der DDR aufnahmen. Die sogenannte „Hallsteindoktrin“ war ein wichtiges und für die Bundesrepublik auch wirksames politisches Instrument, das ihr jedoch ab Mitte der 60er Jahre zunehmend Probleme bereiten sollte.

Die bestehenden diplomatischen Beziehungen zu den arabischen Staaten gerieten in Schieflache, nachdem die Bundesregierung das mit Israel bestehende Wiedergutmachungsabkommen gekoppelt an Wirtschaftshilfen später auch um Waffenlieferungen erweiterte.
Die diplomatischen Beziehungen zu den arabischen Staaten wie etwa Ägypten, waren durch Kredite quasi erkauft. Mit dieser Form der Entwicklungshilfe verhalf die Bundesregierung ihrer Hallsteindoktrin wirksam Nachdruck. Mit der Waffenlieferung an Israel jedoch wurde das Verhältnis strapaziert.

Im Jahre 1964 äußerte die USA den Wunsch gegenüber der Bundesregierung, sie möge ausrangierte Panzer und Flugzeuge der Bundeswehr an Israel übergeben.
Der ägyptische Präsident Nasser protestierte und erteilte kurz darauf 1965 eine Einladung Walter Ulbricht nach Ägypten.

Die Bundesregierung gab nach und ließ von den Waffenlieferungen ab. Der Besuch Ulbrichts wurde dennoch abgehalten – er wurde mit allen Ehren empfangen. Die DDR wurde damit in den Stand eines ernstzunehmenden Staates für die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen erhoben.
Auf diese Provokation hin wurden die westdeutschen diplomatischen Beziehungen gekappt, dafür mit Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen.
Außer Tunesien, Libyen und Marokko brachen daraufhin sämtliche arabische Staaten ihre diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik ab. Es wurden zwar keine diplomatischen Beziehungen mit der DDR daraufhin geknüpft seitens der arabischen Staaten, aber es zeigte sich, dass das Festhalten an der Hallsteindoktrin gescheitert war. Die Existenz der DDR als eigener Staat war damit offenbar und die Bundesrepublik zeigte sich an dieser Stelle politisch und wirtschaftlich erpressbar.

Dies war mit ein Grund für die Schwächung der Position Ludwig Erhards sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Partei.